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Tschernobyl
Reisebericht
von Julius Siver
Viele von uns können sich noch gut daran erinnern, als am 24. April 1986 die Meldung über Radio und Fernsehen mit der ungewöhnlichen Nachricht über die Explosion
im Kraftwerk Tschernobyl zu uns kam. Ein Super-GAU war eingetreten! Jeder ist auf seine Art mit der Situation zurechtgekommen. Besorgt waren wir aber alle auf jeden Fall.
Nachrichten über tausende Jahre verstrahltes Gebiet machten die Runde.
Doch wie sieht die Realität heute aus? Warum sich nicht ein eigenes Bild vor Ort machen?
Darf man überhaupt hin? Wird man nicht zu stark verstrahlt? Tja, diese Fragen sollte jeder für sich selbst beantworten und es gibt auch kontroverse Diskussionen über dieses Thema. Relativ beruhigend klingt die Tatsache,
dass der gefährliche Radionuklid Cäsium-137
seine radioaktive Wirkung nach 30 Jahren zu 50% verliert. Was hat man allerdings davon, wenn aus 1.000 Cäsium-137 Atomen noch 500 in der Luft vorhanden sind?
In der nahegelegenen und verlassenen Stadt Prypjat werden zudem nur einige Strahlungsarten gemessen und einige komplett weggelassen.
Die Entscheidung nach Tschernobyl zu fahren sollte man also eher aus dem Bauch heraus treffen und weniger nach wissenschaftlichen Aussagen.
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Zu der Entscheidung hinzufliegen hat mich die nahegelegene, gesperrte und verlassene Stadt Prypjat animiert.
Ein Lost Place wie aus dem Bilderbuch! Was für jemanden alte Ruinen sind, ist für mich nostalgisches Kopfkino.
Diese Objekte warten in meiner Fantasie nur darauf entdeckt zu werden, es ist für mich faszinierend ihre
Geschichte vor Ort wieder zu erleben. Moderne Archäologie, würde ich sagen. Die Alternative zu Prypjat wäre die
Insel Hashima, doch die Japaner wollen uns Fotografen nicht in die Ruinen hineinlassen. Die sind doch viel zu
ängstlich. Prypjat ist aber auf jeden Fall ein Muss für alle Lost-Places-Fotografen und durchwegs mit Hashima
vergleichbar. Werte Mitgenossen, stellt Euch das vor: Eine 50.000-Bewohner-Geisterstadt, die inzwischen 30 Jahre
verlassen ist! Da klopft das Herz eines Lost-Places-Fotografen gleich höher!
Durch einen guten Tipp nehme ich mit Jurij, einem Russen, der in Kiew lebt, Kontakt auf. Telefonisch besprechen
wir meine Tschernobyl-Pläne. So kann ich mein Russisch nach 10 Lehrjahren wieder etwas auffrischen. Wir könnten
beliebig lang in Prypjat bleiben, meint er. Am Ende machen wir uns 4 Tage aus, danach bleibe ich noch 3 weitere
Tage in Kiew, um ein bisschen zu entspannen und die äußerst freundlichen Menschen kennenzulernen.
Nach der Ankunft in Kiew fahren wir in die gesperrte Zone in ein einfaches hölzernes Hotel. Es ist das einzige
Hotel in der gesperrten Zone, das aber eher motelmäßig aussieht. Das wird uns als unsere Basis für die nächsten
Tage dienen. Den Checkpoint zu dem Hotel haben wir problemlos passiert und die Soldaten waren auch recht freundlich.
Ein Smalltalk hilft immer Barrieren zu überwinden. :-) Am nächsten Tag befinden wir uns praktischerweise bereits in der Sperrzone, was uns den Zugang zum Kraftwerk
und zu den verlassenen Gebäuden erleichtert. Lediglich die offizielle Einfahrt in die Stadt Prypjat wird noch
einmal überwacht. Es gibt zwar auch andere Wege hineinzukommen, die wir aber erst dann nützen müssten, wenn
wir keine Genehmigung hätten.
Nun, als erstes fahren wir direkt zum Kraftwerk, um die Kühltürme zu erkunden. (Fotos 1, 3, 4) Irgendwie sind
die Kühltürme viel größer als ich sie mir vorgestellt habe. Jurij sagt, dass mich die Vorstellung auch nicht
täuscht. Diese Kühltürme hier sind auch 4 Mal so groß als die üblichen Kühltürme in anderen Atomkraftwerken!
Es hätte ein Atomkraftwerk der Superlative werden sollen. Wow! Die Größe haut mich um. Hier würden locker
mehrere Fußballfelder hineinpassen. Viel Platz, um das Wasser im freien Fall abzukühlen. In dem noch nicht
fertiggestellten Kühlturm gehen wir immer wieder an sogenannten Hotspots vorbei. Es sind vergrabene und sehr
strahlungsintensive Stahlelemente, welche noch aus dem Rettungseinsatz stammen und die nicht wieder geborgen
wurden. Aus dem Grund halte ich die ganze Zeit in einer Hand den Geigerzähler (Foto 06) und in der anderen Hand
die Kamera. Es wäre unklug auf einem „Röntgengerät“ über eine längere Zeitspanne stehenzubleiben. Schon erstaunlich
wie schnell die Radioaktivität nach unten abfällt, wenn man sich nur wenige Meter von der radioaktiven Quelle entfernt.
Früher dachte ich, dass die Reichweite von Strahlung viel größer ist. Nach einigen Metern sind die Werte aber wieder normal.
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Im weiteren Verlauf fahren wir weiter zum Eingang des Atomkraftwerks (Foto 07) sowie auch in die nähere Umgebung.
(Fotos 08, 09) Der neue Sarkophag (Foto 05) ist schon fertig. In einigen Tagen wird er über dem explodierten
Kraftwerk drübergeschoben. Es ist die größte fahrbare Konstruktion auf der Welt und wird mit 10 Zentimeter pro
Stunde in Richtung Kraftwerk geschoben. Der Geigerzähler zeigt uns hier eine 10x höhere Strahlung, als erlaubt
ist, an. Es ist also für eine kürzere Aufenthaltsdauer nicht schlimm. Hier auf der Baustelle arbeiten an dem
Sarkophag jedoch tausende Arbeiter, die nicht wirklich zu beneiden sind. Es ist schon ein Unterschied, ob man
sich hier eine halbe Stunde aufhält oder über Jahre hinweg. Der Job ist hier sehr gut bezahlt. Also verkaufen
die Arbeiter ihre Seele für (zumindest) gutes Geld. Aber ist es bei uns anders? Manchmal schlimmer. Für viel
weniger Geld opfern wir unser Leben oder unsere wertvolle Zeit in irgendeinem Bürojob, der uns keine wirkliche
Befriedigung bringt. Der Sarkophag wird bald über dem Kraftwerk geschoben, damit man dann mit Robotern das ganze
Kraftwerk auseinandernehmen und vergraben kann. Das wird leider nirgends erwähnt. Es heißt immer nur: Das Kraftwerk
wird noch tausende Jahre strahlen und der Sarkophag wird nur 100 Jahre halten.
Die einseitige Berichterstattung der Medien ist uns allen bekannt – die mächtigsten Manipulationsinstrumente unserer Zeit!
Den Rest des Tages suchen wir noch verlassene Plätze und Häuser außerhalb der Stadt auf. Interessant finde ich die
verlassene Fisch- und Tierzuchtstation (Fotos 10, 11, 12) am See. Hunderte Glasbehälter aus der Fischzucht stehen
da leer. In einigen kleineren Gläsern finde ich noch 30 Jahre alte Fische in Alkohol eingelassen! (Foto 10) Erinnert
mich an in Alkohol eingelegte Gehirne. Ich fühle mich gleich wie in unserer Anatomieabteilung in der Arbeit.
Danach entdecke ich am Seeufer noch ein Schnellboot (Fotos 13, 14, 15), das anscheinend jahrelang komplett unter
Wasser stand und jetzt am Strand vor sich hinrostet. Ein Relikt aus den glanzvollen Zeiten, als man noch frei und
schnell über den See düsen konnte.
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Weiter fahren wir zum Bahnhof von Tschernobyl (Fotos 16, 17, 18, 19), der aber eher einem Geisterbahnhof ähnelt.
Zu meiner Überraschung wohnt in dem alten Bahnhofsgebäude noch ein alter Russe. Er freut sich, dass Leute vorbeikommen
und wir kommen ins Gespräch. Mich interessiert vorallem, was er hier in der Wildnis macht. Er erzählt, dass er vom
Kraftwerk bezahlt wird, um das Gebäude nicht verfallen zu lassen. Ich denke mir: Was für ein trauriges Dasein! Alleine
in einem Geisterbahnhof, in dem schon seit 30 Jahren kein Zug mehr gefahren ist. Aber vielleicht taugt es ihm.
Für jemanden, der gerne alleine lebt, warum nicht? Wenn ich schon alleine leben würde, dann wäre trotzdem lieber irgendwo in der kanadischen Wildnis an einem See...
Außerhalb der Stadt Prypjat, aber noch in der gesperrten Zone, leben noch hunderte Zivilisten, die nicht zu den
Kraftwerkangestellten zählen. Diese Menschen haben sich nach der Katastrophe geweigert ihre Häuser zu
verlassen. Das Durchschnittsalter der Menschen beträgt jedoch 80 Jahre. Sie leben immer noch, leben völlig autonom, sind gesund, beziehen ihr Wasser aus dem Grundwasser und Essen aus eigenen Gärten.
Während der Fahrt zum Hotel beobachten wir noch echte wilde Przewalski-Pferde, die hier in den 90er Jahren angesiedelt wurden.
Sie galoppieren frei vor sich hin, einfach ohne Sorgen – und an einem Platz ohne Menschen! In dem Moment fühle ich mit den Pferden! Die leben doch meinen Traum!
Ich komme gleich ins Schwärmen! Einfach frei sein und galoppieren wohin einen die Augen führen – eigentlich brauche ich gar keinen festen Wohnsitz... Ok, ok! Genug geträumt!
Sie sind einfach zu weit, um sie mit meinem Weitwinkel einzufangen. Die ganze Sperrzone rund um Tschernobyl entwickelt
sich zu einem Naturparadies. Es kommen viele Elche und Wölfe zurück, sie holen sich ihr Land zurück. Recht haben sie!
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Am nächsten Tag fahren wir in die Stadt Prypjat, dem primären Ziel meiner Erkundungstour. In der Stadt selbst wohnt
niemand mehr und es ist offiziell eine Sperrzone in der Sperrzone. Die Fahrt durch damals überbreite Straßen ähnelt
im Moment eher einer schmalen Fahrt durch den Dschungel. Aus den asphaltierten Straßen sind inzwischen schmale
verwachsene Pfade geworden, die Äste der Bäume schlagen pausenlos gegen unseren Pick-up. Es scheint als wären wir
mitten im afrikanischen Dschungel und nicht in der Mitte eines breiten Boulevards. Ich frage Jurij, wann wir an die
Wohnhäuser kommen. Er lacht nur und sagt: „Julius, schau genauer nach links und nach rechts!“ Und tatsächlich – die
Plattenbauten sind da, doch man sieht sie eigentlich nicht mehr, so verwachsen sind diese schon! Das ist also aus der Stadt geworden. (Foto 20)
Wir entschließen uns als erstes das Krankenhaus mit nebenliegenden Gebäuden zu erkunden. Ich erhoffe mir einige
interessante Motive und werde auch nicht enttäuscht. Schon der Eingangsbereich offenbart, wie sich die Natur ihren Raum zurückerobert. (Foto 21)
Wir schauen uns einige der Behandlungsräume (Fotos 23-39), in denen die Liquidatoren
und Feuerwehrleute nach ihren Einsätzen behandelt wurden. Ich stehe am Gang und habe die Bilder aus dem Fernsehen von
damals vor Augen, als in diesen Gängen (31, 32) die Feuerwehrleute am Boden saßen und wegen der starken Verstrahlung
aus der Nase bluteten. Sie haben die Masken auf dem Mund gelassen und ihre Nasen gehalten, damit man es nicht sieht,
wie stark sie bluteten. Die Bilder gingen um die Welt! Sie waren so einprägsam, dass sogar ein Künstler eines dieser
Bilder in einem Kühlturm auf eine Betonwand gemalt hatte. (Foto 05) Hier wurden sie also behandelt! Als wenn das etwas
helfen würde, denke ich mir. Vom Dach des explodierten Reaktors haben sie die extrem stark verstrahlten Betonteile per
Hand wegräumen müssen und hier bekommen sie gerade Mal einige Jodtabletten und werden geduscht. Die meisten Helfer sind
in wenigen Tagen bzw. Wochen nach ihrem Einsatz verstorben. Sie werden heute als Helden von Tschernobyl gefeiert. Ja,
genau davon träume ich: Als Held nach dem Tod gefeiert zu werden. In Kiew habe ich vor einiger Zeit mit einem Russen
über dieses Thema sprechen dürfen. Er sagte, wenn er gewusst hätte, dass die Regierung ihn in seinen späteren Jahren
im Stich lassen würde, also krank mit einer mickrigen Rente, dann hätte er sich hier nie freiwillig gemeldet. Viele
waren damals stolz hier helfen zu dürfen.
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Mit jedem Stock nach oben werden die Räume interessanter. Es ist mehr ärztliches Mobiliar erhalten und es kommt
auch mehr Wasser durch das inzwischen beschädigte Dach. Echte Lost Places Objekte. Na? Lust auf ein DeLuxe
Zweibettzimmer? (Foto 29) Nachtlampen und Waschbecken sind auch noch vorhanden. Oder doch lieber ein Zimmer mit
Holzbetten? (Foto 38) Für jeden Geschmack ist etwas dabei. Ich versuche mich jetzt als Picasso, habe jedoch mit
einem kräftigen Feind zu kämpfen – das Tageslicht! Es stört meine Kompositionen, während ich versuche mit meinem
Reflektor Schatten ins Bild herbeizuzaubern. Man sieht es gut auf dem Foto 29. Trotz der schnellen Belichtungszeit
und hoher Blendenzahl sieht man immer noch Tageslicht von rechts kommen. Auch am Gang (Fotos 31, 32) ist viel zu
viel Licht für interessante Aufnahmen. Den Kampf kann ich nicht gewinnen. Nur einige Räume mit wenig Licht lassen
sich gut fotografieren. (Foto 28, 30) Jetzt beginne ich wieder von Nachtaufnahmen zu träumen,
wie es wohl wäre, wenn wir jetzt völlige Dunkelheit hätten. Jurij meint, wir sollten besser bis 18 Uhr wieder beim Checkpoint sein, wenn wir es
uns mit den Soldaten nicht verscherzen wollen. Um Nachtfotos zu machen, müssten wir bis zur Dunkelheit hierbleiben,
also bis 22 Uhr. Erst danach könnten wir anfangen die Nachtfotos zu machen. In der Nacht wimmelt es aber nur so von Wölfen
in der Stadt. Waffen haben wir mit, so gesehen sollte es also kein Problem sein. Ein- zwei Schüsse in die Luft und die Wölfe sind wir wieder los. Aber wollen wir wegen einigen
Nachtaufnahmen das Militär auf uns aufmerksam machen? Na ja, so viel sind mir die Fotos auch wieder nicht wert,
um in ukrainischen Gefängnis zu landen. Verhaftungsgrund: Fotografieren von Ruinen! Wir hätten jedoch zwei Optionen,
um zu den Nachtaufnahmen zu kommen. Entweder im Winter, also jeden Tag von 16 bis 18 Uhr, wo es draußen schon ganz
dunkel ist. Oder eine Genehmigung als offizielles Filmteam wäre auch denkbar. Irgendwie sind beide Optionen
interessant, jedoch wenig spannend.
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Letztes Jahr sind wir in das unterirdische System einer verlassenen Fabrik eingestiegen, wo nur sehr wenig Tageslicht
vorhanden war. Dort war es leichter mit dem Reflektor zu arbeiten. (Fotos 40, 41, 42)
Ich möchte es jetzt aber mit dem Krankenhauskeller versuchen. Ob ich den Aufzug nach unten nehmen soll? (Fotos 43, 44)
Die Aufzugskabine und der Aufzugsschacht sehen nicht gerade einladend aus. ;-)
Also nehme ich doch nicht den Aufzug in die radioaktive Hölle, sondern die Treppe. Jurij meint, er kommt nicht mit
und ich soll im Keller mein Geigerzähler die ganze Zeit in der Hand halten, da sich in einigen Räumen Schutzkleidung
der Liquidatoren von Tschernobyl befindet. Die sind angeblich extrem verstrahlt. Na gut, sage ich. Also die Kamera
um den Hals, in der einen Hand den Geigerzähler, in der anderen den Akku-LED-Reflektor. Wahnsinnig gerne hätte ich
jetzt ähnliche Aufnahmen wie in dem Film Tschernobyl Diaries. Wer den Film nicht kennt, hier der
offizieller Trailer in Deutsch: HIER klicken
Über den Geschmack des Films lässt sich natürlich streiten, aber die Nachtaufnahmen haben es echt in sich! Ein Traum
für jeden Filmer und Fotografen.
Na gut, jetzt befinde ich mich buchstäblich unter der Erde und während ich weitergehe meldet sich mein Geigerzähler zu
Wort. Die Töne werden immer lauter und lauter, bis nur ein extrem lauter Dauerpiepton zu hören ist. Während ich die
Digitalanzeige beobachte, ändert sich alle paar Sekunden die Kommaanzeige!!! Eigentlich sollten sich aber nur die Zahlen
ändern. Das schnelle Wechseln der Kommaanzeige sagt mir im Moment nur, dass die Strahlung in Sekundenbruchteilen
quadratisch ansteigt! Ich bezeichne mich selbst als extrem abenteuerlustig. Aber jetzt denke ich mir nur, dass es das
nicht wert ist! Es wird in der Stadt sicher noch einige, wenn nicht bessere Keller geben, in denen ich gute Bilder schießen
kann. Es muss nicht der mit Abstand am meisten verstrahlte sein. Also nichts wie weg hier.
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Wir erkunden noch ein verlassenes Hafenzentrum mit vielen Mosaikfenstern. (Fotos 46, 47, 48) Die Birken
erobern langsam den Eingangsbereich. (Foto 46) Willkommen im Jurassic Park!
Als ich die Wohnungen in den Plattenbauten erkunden möchte, geht Jurij nur kurz mit mir mit, danach geht
er zurück ins Auto. Er hat ja schon fast alle Plattenbauten gesehen. Ohne Aufzug schaffe ich in den
nächsten Stunden drei Hochhäuser (Foto 49) mit je 12 Stockwerken. Vom Dach aus sehe ich
das gerade erkundete Krankenhaus (Foto 50), sowie das Kraftwerk im Hintergrund mit dem fertigen Sarkophag.
In wenigen Wochen wird man das Kraftwerk nie mehr sehen. So gesehen eine Aufnahme mit Seltenheitswert. Auch
der Maschinenraum des Aufzuges hat schon bessere Zeiten erlebt. (Foto 51) Über die Maschinenräume der Aufzüge
gelange ich immer auf das Dach. Mir fällt auf, dass in allen Maschinenräumen die Aufzugsmotoren schwer
beschädigt sind. Vermutlich waren einige Rohstoffe der Motoren sehr wertvoll.
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Am Weg nach unten ist es äußerst interessant die leeren Stockwerke und Wohnungen zu erkunden, da man
nie weiß was einen hinter einer geschlossenen Tür erwartet. Die Mittelgänge sind ziemlich dunkel mit
noch dunkleren Aufzugsschächten. Warum sind bloß alle Aufzugstüren offen? Eigenartig! Ob ich an jede
Wohnungstür anklopfen soll? Was passiert, wenn ich die Tür aufmache? Ich gehe jedes Mal nur vorsichtig
rein, weil ich nie weiß, was mich erwartet und ich möchte auch den radioaktiven Staub nicht zu sehr
aufwirbeln. Hier und da sind auch noch persönliche Gegenstände zu finden. Die Menschen haben rasch ihre
Wohnungen verlassen müssen. Welche Erinnerungen haben sie da gelassen? Es liegen noch Bilder am Boden,
Bücher, … Aber Filmrollen? Welche Aufnahmen könnten noch auf der Filmrolle sein? (Fotos 52, 53, 54)
Ich frage mich, was würde man bei mir oder auf meinem Rechner finden, wenn ich jetzt eilends ausziehen
müsste? Ich bin einfach fassungslos, wenn ich beobachte wie leichtfertig Menschen heute mit ihren
persönlichen Informationen umgehen. Einige lechzen in sozialen Medien sogar nach Anerkennung. In vielen Wohnungen stehen noch einzelne Möbelstücke. (Fotos 56-61) Im Angebot hätte ich ein kuscheliges
kleines Zimmer mit Sofa und einem Schrank (56). Ein komplett eingerichtetes Wohnzimmer (58) mit Couch,
Kommode und zwei Glasvitrinen ist auch noch zu vergeben. Für Fernsehmuffel Zimmer 57 und für alle
Musikbegeisterten ein fertig eingerichtetes Zimmer mit Klavier und Aussicht ins Grüne. (60)
Viele Wohnungen in den unteren Etagen sind dagegen jedoch fast leer. Ich durchsuche die Briefkästchen
im Eingangsbereich. (62) Versteckt sich dort vielleicht noch ein Liebes- oder Abschiedsbrief?
Kurze Zeit nach der Katastrophe haben viele Besitzer, aber auch Flohmarkthändler, die Wohnungen in den
unteren Etagen ausgeräumt und die Möbel dann weiterverkauft. Die Käufer wussten aber nicht, woher die
Möbel stammen und die meisten Käufer sind in relativ kurzer Zeit erkrankt. Zwar waren die Gegenstände
nicht extrem verstrahlt, aber stark genug, um über einen längeren Zeitraum bei Menschen die
Strahlungskrankheit auszulösen.
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Es ist schon inzwischen später Nachmittag. Bei mir macht sich die Müdigkeit durch das Krankenhaus
und die Hochhäuser langsam bemerkbar, also besuchen wir ein relativ leicht erreichbares Klaviergeschäft.
(64-66) Ich liebe die Architektur aus der damaligen Zeit, also die
übergroßen Fenster, die damals verbaut wurden. Die Eingangshalle im Klaviergeschäft ist von allen
Seiten mit diesen großen Fenstern oder inzwischen „Luftfenstern“ verbaut. Ich versuche mir vorzustellen,
wie es wohl hier mit dem Sofa aussehen würde, wenn alles neu wäre.
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Auch der nächste Tag bringt Spannung pur. Wir verbringen den halben Tag in der Duga 3 Radarstation. (Fotos 67-90)
Bis zu der Reaktorexplosion war die Anlage ein echtes Geheimnis, man hat nur das Klopfen durch die Pulsfrequenz
von 10 Hz noch in bis zu 15.000 km Entfernung gehört. Ich kann mich noch gut an die Klopftöne auf der Kurzwellenfrequenz
im Radio erinnern, die aber im Jahr 1989 aufgehört haben. Die Signale wurden erzeugt, um mögliche Starts von Raketen
der Feinde zu erkennen.
Jetzt klettere ich über die Eisenleiter auf die 150 Meter hohe und inzwischen verrostete Anlage hinauf. (Foto 69)
Es ist schon erstaunlich was die Menschen alles erfunden haben, um ihre Machtstellung zu behalten. Als Ruine ist
diese Anlage aber auch sehr interessant, man fühlt sich wie in eine andere Zeit versetzt.
Danach erkunden wir alle Gebäude der
Anlage. Es sind einfach unendlich viele Gänge und Räume. (Fotos oben) Mich faszinieren die großen Hallen in
denen damals die modernsten, aber riesigen „Computer“ installiert waren. Nur hie und da liegen noch einzelne
Röhrenmonitore (Foto 71), sowie die unendlich langen Stahlkonstruktionen, in denen die Rechner verbaut wurden.
Auch die große „Zentrale“ (Foto 73), eine riesige Halle, lässt noch das damals technische Wunderwerk erahnen.
Etwas später gehen wir in die tieferliegenden Ebenen. Irgendwie will Jurij aber nicht hinein. Ich kontrolliere kurz mein Reflektor und starte die Erkundungstour alleine. Er wartet im Stiegenhaus. Wir haben ausgemacht, dass er sich nach einer
Stunde mit der Pfeife meldet, da ich mich in der Zeit beim Fotografieren immer verrechne und wir wollen noch
weitere Teile draußen erkunden. Die Zeit vergeht hier einfach wie im Flug.
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So begebe ich mich in die weite dunkle Welt und komme bald drauf, dass ich mich hier schon unter der Erde befinden muss,
da nirgends Tageslicht zu sehen ist. Nach und nach beginnt es langsam unheimlich zu werden. Jetzt verstehe ich Jurijs Zurückhaltung.
Vor mir offenbart sich eine völlig zerstörte Katakombenwelt mit unzähligen Gängen (Fotos oben), die unendlich lang
zu sein scheinen und unzähligen kleinen Räumen und riesigen Hallen. Die Anlage hat ja auch ein Milliarde Dollar gekostet,
sie war also teurer als das ganze Atomkraftwerk Tschernobyl! Die Verschwendungssucht der Menschen kennt anscheinend
keine Grenzen. Jetzt verlasse ich mich voll auf meinen Akku-LED-Reflektor, der umgerechnet 300 Watt stark ist, zum
Glück aber kaum Strom verbraucht. Angeblich soll er mit dem dicken Akku 8 Stunden lang leuchten. Jetzt habe ich
genau das, was ich mir so sehr gewünscht habe – pechschwarze unterirdische Gänge zum Fotografieren, aber kaum Zeit. Ich hätte mehr Zeit mit Jurij vereinbaren sollen.
Ich beginne die Räume systematisch zu erkunden. In einigen Räumen sind noch alte Maschinen (Foto 80), in den
anderen Hallen unzählige Verteilerkästen. Ob sich da etwas versteckt? Die Schatten von meinem Reflektor zaubern
durch die Löcher in den Kästen alle möglichen Kreaturen auf den Wänden. Oder beginne ich gerade zu halluzinieren?
Je weiter ich gehe, desto unheimlicher wird die Stimmung. Ich bin mir auch bewusst, dass ich inzwischen um
einige Ecken gegangen bin. Bei einem Notfall würde ich den Rückweg nicht mehr auf Anhieb finden. Es wird auch
immer feuchter und das Fotografieren wird zu einer echten Herausforderung. Nicht nur, dass man durch den Nebel
fast nichts sieht, die Linse ist inzwischen auch durchgehend beschlagen.
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Ich will trotzdem weiter auch ohne Fotos. Nach einigen Minuten springt weit vor mir ein Wolf oder ein Hund quer über den
Gang! Das habe ich jetzt noch
gebraucht, denke ich mir. Mein Messer habe ich zum Glück mit! (Fotos 82, 83) Was suchen die Tiere hier in der völligen
Dunkelheit??? Brauchen sie den kein Restlicht, damit sie selbst sehen können? Das ist für weitere Erkundung nicht gut.
In Anbetracht der neuen Situation mache ich jetzt Schluss, aber die eine große Tür mach ich noch auf. Als ich
die Tür aufmache, versperrt mir eine dichte Nebelwand die Sicht in die Halle. (Foto 81)
Etwa 5 Meter weit kann ich im Licht des Reflektors noch eine Stahltreppe, die nach unten führt, erkennen.
Ich spüre wie mein Adrenalinspiegel augenblicklich ansteigt. In Anbetracht der Tier- Sichtung vor einer Minute erwarte ich mit gezücktem Messer in der Hand, dass jede Sekunde irgendetwas aus der
Nebelwand auf mich springt! Ich stehe hier wie auf dem Präsentierteller! Man hört in der Weite
und Dunkelheit aber nur das Tropfen des Wassers, welches vom Dach her inzwischen durch
mehrere Stockwerke bis hierher durchdrang. Ich bilde mir aber ein, dass ich in den letzten Minuten immer wieder
schwache Geräusche höre, also schaue ich auf die Uhr. Ach, ich bin schon seit über 1,5 Stunden hier! Die schwachen
Geräusche stammen also wahrscheinlich von Jurijs Pfeife.
Ich gehe sehr vorsichtig wieder zurück, damit ich bei einem Angriff durch einen Wolf (oder was es auch immer war)
nicht in den Mittelgraben des Ganges runterfalle, der aus lauter Eisenstangen besteht. (Foto 84) Da würde man sich
komplett aufschlitzen. Endlich bei Jurij angekommen sehe ich, dass es noch mehrere Stockwerke nach unten geht!
Was dort noch alles zu entdecken wäre?
Die Radarstation hat für uns Lost-Places-Fotografen also echt viel Potential! Es wäre besser diese Unterwelt
aber zu zweit zu erkunden, damit einer dem anderen immer Rückendeckung gibt.
So gesehen ist es nur verständlich, warum man für Prypjat eine Erklärung unterschreiben muss, und zwar, dass
man für sein Tun absolut jegliche Verantwortung übernimmt und man bei einer Erkrankung oder im Notfall auch
alle Kosten selbst zu tragen hat. Die Gegend hier ist nicht gerade für einen Spaziergang geeignet.
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Weiter geht es zu den damaligen Kühltürmen der Radarstation. Die Stahlbetonträger zerfallen sichtlich stark
(Fotos 86, 88), als Filmkulisse würde dieses Gebäude – oder was davon übriggeblieben ist – viel hergeben.
Wir klettern über die verrostete Leiter 20 Meter nach oben, die inzwischen nur mehr an drei Stellen hält.
Alle anderen Schweißpunkte sind abgerissen. Wir wollen aber nach oben und das ist der einzige Weg dorthin.
Man hört das Knirschen der Stahlelemente, die oben die Kühltürme halten. Aber wie lange noch? Oben habe ich
das Gefühl, dass die riesigen Kamine (Foto 87) nur mehr darauf warten, jederzeit unter dem eigenen Gewicht
zusammenzubrechen. Die restliche Flächevom Dach verbiegt sich bei den Kaminen nach unten.
Weiter schauen wir uns noch verschiedene Gebäude und die Schule an, die zur Radarstation gehören.
In der Schule befindet sich auch ein Theater (Foto 89) und ein Turnsaal. Die Besonderheit an dem
Turnsaal ist der morsche Holzboden. (Foto 90) Wenn man auf ihn steigt, dann bricht er so leicht wie Styropor.
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Zum Schluss des Tages fahren wir noch zum Hafen, um auf die überdimensionalen Kräne rauf zu klettern.
Die Maschinenräume in den Kränen sind echt groß. In den Kranführerkabinen macht sich die Vegetation breit.
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Der letzte Tag bringt auch sehr interessante Eindrücke. Wir starten sehr zeitig, da wir noch viele Objekte
durchforsten wollen. Was würde so ein Kindergarten fotografisch hergeben? Durch das Gestrüpp (Foto 101)
gelangen wir in die ersten Räume. Beim Betreten fällt mir nur ein Satz ein: Was für ein Horrorkabinett!
(Fotos 94-99) Verbrannte Kinderbetten und Spielzeuge (96, 98), Puppen ohne Köpfe (99), herumliegende Kindergasmasken ...
Ich halte kurz inne und stelle mir vor, wie draußen gerade die Sirenen heulen, die Kinder in diesem Raum
gerade die Gasmasken ausgehändigt bekommen, ängstlich umherlaufen, hurtig packen und die meisten Spielzeuge
hier lassen müssen. Jedes Kind darf
nur ein Spielzeug mitnehmen. Doch was passiert mit den vielen Puppen? Also setzen die Kinder den Puppen
die Gasmasken auf (94) und beten, dass die Puppen überleben. Wie traurig! Aber die Puppen sind immer
noch da! Ob man das auch von den Kindern behaupten kann? Welche damals auch immer überlebt haben, sind
heute alle weit über 30 Jahre alt. Unsere Erinnerungen formen unsere Persönlichkeit. Wir sind das, was
wir erlebt haben. Es wird heute genug verletzte Seelen geben, die damals diesen Albtraum miterleben mussten.
Nun, ob sich das so oder auch anders zugetragen hat, es tut weh diese Räumlichkeiten durchzugehen.
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Wir gehen durch einen dichten Wald in die Schule. Ich gehe ruhig die unzähligen Klassen durch,
in einigen wachsen Bäume aus dem Betonboden! (Fotos 103-107) Ich bin Fan von der Birke geworden
(105), die sich tapfer ihren Weg nach draußen bahnt. Ich kenne heute nicht wenige Kinder, die
sich so sehr wünschen, dass ihre Schule heute so aussehen würde. ;-) Die Zeit in dieser Schule
ist auch buchstäblich stehen geblieben ... (112) Interessant wirken auch die große Schwimmhalle
(Foto 114) und die Turnhalle (Foto 113), in der ebenfalls schon
Bäume wachsen. Turnen in der freien Natur eben. In den Klassen wären auch
viele Details zum Fotografieren. Ich habe auf diese Reise jedoch nur eine einzige Kamera mit einem
Weitwinkelzoom und einen Reflektor mitgenommen. Kein Stativ, keine zweite Kamera mit anderem Objektiv.
Diese Entscheidung habe ich nicht bereut. Zwar muss ich auf einige Motive verzichten, die gute Mobilität
hier ist es mir aber wert. Vor allem, weil man hier immer auf Dächer oder in Kellerbereiche klettern
muss. Jetzt meine ich aber nicht die Abkürzung in den Keller auf dem Foto 115. :-)
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Zu Mittag fahren wir auf den Hauptplatz (Foto 124), an dem alle wichtigen Institutionen angesiedelt
waren. An das Atominstitut (123) erinnert hier nur das Strahlenwarnzeichen beim Eingang.
Die beste Aussicht bietet sich aber vom Dach des damaligen Polissja Luxushotels. Eine der bekanntesten
Prypjat-Aufnahmen. (124) Von hier sieht man rechts im Bild das große Kulturzentrum, in welches wir
auch gleich hineingehen werden. Aber noch besser kann man erkennen, wie sich die Natur ihren Lebensraum
zurückholt. Die Bäume holen sich den betonierten
Hauptplatz zurück! Gut so! Am Dach kann ich sehr nahe (oder zu nahe) an den verrosteten Schriftzug
des Hotels kommen. Leider muss ich dabei an der morschen Bordkante des Hotels stehen. (125, 126)
Zudem ist hier auf diesem Dach das Verweilen absolut verboten. Also schnell ein Foto machen und dann
wieder zurück, bevor sich die Steine lösen oder uns die Militärstreife sieht. Wir stehen ja auf dem
Dach des Hotels am Hauptplatz, also für jeden weit und breit gut sichtbar.
Der Aufzugsmaschinenraum wurde hier anscheinend in Brand gesetzt. (127)
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Im Kulturzentrum schauen wir uns die Kulissen eines Riesentheaters an. (Foto 130)
Nun geht es 10 Minuten zu Fuß zum Vergnügungspark und somit zu dem berühmtesten Motiv der Stadt:
Das Riesenrad und das Autodrom. Manchmal denke ich, dass das Riesenrad in Prypjat mehr Ruhm erlangt
hat als unser Riesenrad in Wien. (132, 133, 134, 136) Das Riesenrad in Prypjat wurde noch nicht
einmal in Betrieb genommen! So schnell kann sich das Leben ändern. Es scheint, dass hier mit
dem Riesenrad auch die Zeit stehengeblieben ist.
Danach geht es weitere 10 Minuten zum Stadion (137-140), welches inzwischen nur schwer als Stadion
erkennbar ist. Die Laufbahn ist mit 30 Jahre alten Pappeln bewachsen und die Bänke eigenen sich
eher als Kunstobjekte und weniger zum Sitzen.
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Am Nachmittag nehmen wir uns noch eine verlassene Fabrik mit nebenliegenden Gebäuden vor. Wir halten mit dem
Auto an und überlegen, ob wir links oder rechts anfangen sollen. (Foto 141) Wie sollen wir das zeitlich schaffen?
Alles können wir nicht durchgehen. Also starten wir einfach los und schauen uns das an, was wir zeitlich schaffen.
Zuerst einige Hallen, die zum Teil inzwischen in sich zusammenfallen. (Foto 142) Die am Boden liegenden Metallteile, wie die Schraube auf
dem Foto 143, „vereinigen“ sich langsam mit dem Boden, der schon mit Moos bewachsen ist. Auch in den
Büros sieht man viele Gegenstände, die zum Teil komplett mit Moos bewachsen sind, so wie die Schuhe auf
dem Foto 144. Wie in einer anderen Welt.
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Wir waren aber noch gar nicht auf der Spielwiese der großen Jungs, sprich Feuerwehr- und Polizeistation.
Welcher Mann träumt nicht davon! Also nichts wie hin. Hier kann ich noch die Feuerwehrautos besichtigen
oder was davon übrig geblieben ist. (153-155) Auch die Fahrzeuge der kleinen Jungs sind von der
Katastrophe nicht verschont geblieben. (158) Etwas abseits liegt noch eine große Baggerschaufel. (157)
An die abmontierte Schaufel nähere ich mich mit dem Geigerzähler eher vorsichtig, weil sie wahrscheinlich
bei der Bergung nach dem Unfall eingesetzt wurde. Eine gute Seele
hat zu der Schaufel auch ein Warnschild mit einem Strahlenwarnzeichen hingestellt. Und tatsächlich strahlt dieser
Metallschrott auch noch nach 30 Jahren ziemlich stark. Immerhin das 1.000-fache (!) des erlaubten
Wertes oder anders ausgedrückt 182 Mikrosievert pro Stunde! (Foto 156) Ein Brustkorbröntgen verursacht
50 Mikrosievert. Diese Metallschaufel strahlt also fast wie vier Röntgengeräte, jedoch nicht eine Sekunde
lang, sondern pausenlos seit 30 Jahren! Also schnell ein Foto mit dem Geigerzähler und dann wieder zurück
in sichere Entfernung.
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Die Gefängniszellen in der Polizeistation wirken so richtig kuschelig. ;-) (Fotos oben) Jetzt Spaß beiseite.
Damals waren diese Zellen die sichersten Logenplätze in ganz Tschernobyl. Sie haben hervorragenden Schutz vor
der Strahlung geleistet. Es ist schon interessant, dass gerade die Verbrecher mehr als alle anderen geschützt
wurden. Ist es heutzutage etwa anders? Nach einem Atomunfall oder Explosion ist es am wichtigsten die ersten drei Tage in geschlossenen Räumen
zu bleiben. Danach trägt man keine dauerhaften Schäden davon, wenn man hinaus kommt. Es sei denn, man befindet
sich in der unmittelbaren Umgebung einer Explosion.
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Mein Lost Place Trip nähert sich dem Ende entgegen. Es war eine angenehme Abwechselung zu den Postkartenmotiven, die ich für die Verlage machen muss.
Angekommen in Kiew, genieße ich noch einige Tage Kiew´s Sehenswürdigkeiten und die sommerliche Atmosphäre. Eine der schönsten Städte, die ich gesehen habe.
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