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Westen der USA
Seite 2, Reisebericht von Julius Siver
"Ein magischer Morgen im Yosemite"
Tag 7 beginnt mit der strahlenden Morgensonne, die die Landschaft des Yosemite National Park langsam zum Leben erweckt. Unser Ziel ist klar: El Capitan, dieser ikonische Monolith aus Granit, der sich majestätisch über das Tal erhebt. Mit seiner massiven Präsenz bietet er die perfekte Kulisse für unsere Foto-Expedition.
Wir machen uns gezielt auf die Suche nach Aufnahmepunkten in Flussnähe, die noch im Schatten liegen. Warum? Weil dort die besten Spiegelungen entstehen – eine faszinierende Illusion, die das Motiv doppelt so beeindruckend wirken lässt. (Foto 950) Je dunkler die Umgebung um die Kamera, desto reiner und klarer erscheint das reflektierte Bild. Doch es ist ein Wettlauf mit der Zeit: Sobald die Sonne den Flussboden erreicht, verschwinden die Spiegelungen fast vollständig, als hätte die Natur einen magischen Schalter umgelegt (Foto 934).
Ein kleiner Trick aus der Welt der Fotografie kommt uns dabei zugute: der Polarisationsfilter. Wussten Sie, dass er nicht nur Spiegelungen minimieren, sondern auch gezielt verstärken kann? Besonders am frühen Morgen oder späten Nachmittag, wenn die Sonne flach über den Horizont wandert, entfaltet dieser Effekt seine ganze Kraft. Durch die schräge Lichtführung bleiben die Unterwasserstrukturen verdeckt, und das spiegelnde Bild gewinnt an Klarheit.
Natürlich braucht es für perfekte Spiegelaufnahmen auch das richtige Wasser. Während wir am Fluss entlangwandern, entdecken wir Abschnitte, in denen die Oberfläche von leichtem Wellengang gestört wird (Foto 930). Dennoch gelingt es uns, den mächtigen El Capitan auch hier in der Spiegelung festzuhalten – ein faszinierender Tanz aus Natur und Technik.
Dieser Morgen zeigt uns einmal mehr die subtilen Details, die Yosemite zu einem Paradies für Fotografen machen. Jede Reflexion, jedes Lichtspiel erzählt eine Geschichte, die es nur an diesem einen Ort und in diesem einen Moment geben kann. |
Unsere Reise führt uns weiter zu den beeindruckenden Yosemite Falls, einem der bekanntesten Wahrzeichen des Nationalparks (Fotos 938, 942, 935). Mit einer schwindelerregenden Gesamthöhe von fast 740 Metern stürzen sich die Wassermassen in drei Stufen tosend in die Tiefe. Ihr Rauschen erfüllt die Luft und lässt uns die gewaltige Kraft der Natur hautnah spüren. Kein Wunder, dass diese Wasserfälle zu den höchsten und majestätischsten der Welt zählen.
Während wir von den Yosemite Falls fasziniert sind, träumen wir von einem weiteren Highlight des Parks: Glacier Point. Dieser Aussichtspunkt bietet eine der spektakulärsten Panoramen, die Yosemite zu bieten hat. Von dort aus kann man das gesamte Tal, Half Dome und die umliegenden Gipfel in einer einzigen atemberaubenden Ansicht erfassen. Doch leider bleibt es bei diesem Traum – die Zufahrtsstraße ist bis Ende 2023 wegen umfassender Renovierungsarbeiten gesperrt.
Ein wenig enttäuscht, aber dennoch voller Eindrücke, nehmen wir uns vor, eines Tages zurückzukehren. Schließlich ist der Glacier Point nicht nur ein Aussichtspunkt – er ist ein Versprechen auf unvergessliche Ausblicke und die unvergleichliche Schönheit der Sierra Nevada. Bis dahin genießen wir den Augenblick und die Magie der Yosemite Falls, die uns mit ihrem Schauspiel mehr als entschädigen. |
"Ein Besuch beim Grizzly Giant und das Rätsel des Wetters"
Unsere nächste Station ist der legendäre "Grizzly Giant", ein beeindruckender Riesenmammutbaum, der mit seinen stolzen 3000 Jahren Geschichte atmet (Foto 937). Vor ihm zu stehen, fühlt sich fast ehrfürchtig an – als würde man einem Zeitzeugen begegnen, der still all die Jahrtausende überlebt hat. Die majestätischen Seitenäste des Giganten erinnern mich an den Lebensbaum aus Avatar. Sie sind so massiv, dass man sich mühelos vorstellen kann, wie ein Mensch in einem hohlen Ast Platz fände. Und der Hauptstamm? Einfach gigantisch – so gewaltig, dass Worte kaum ausreichen, um ihn zu beschreiben.
Nach unserer Wanderung durch diese beeindruckende Natur beschließen wir, die nächsten Schritte zu planen. Doch das Wetter macht uns einen Strich durch die Rechnung. Unsere App zeigt chaotische Vorhersagen an – pausenlos wälzen sich Strudeltiefs aus dem Nordwesten über die Karte (Foto 1373), ihre Wolkenarme greifen bis nach Südkalifornien. Alles scheint unvorhersehbar.
Um flexibel zu bleiben, entscheiden wir uns, für die Nacht nach Bakersfield zu fahren. Ein Ort, der uns als Basis dient, während wir darauf warten, dass das Wetter uns seine Launen offenbart. Morgen früh treffen wir die endgültige Entscheidung – doch eins ist sicher: Egal wohin uns die Reise führt, das Abenteuer ruft weiter. |
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Tag 8: Die Hitze des Death Valley und die Flucht in den Joshua Tree Nationalpark
Leider haben sich unsere schlimmsten Befürchtungen bestätigt: Im Death Valley herrschen heute rekordverdächtige 43 Grad, und der Himmel ist von zähen Schleierwolken (1372) verhangen. Death Valley ohne Sonne? Das können wir uns kaum vorstellen – dieses unglaubliche Land lebt von den gleißenden Sonnenstrahlen, die die Wüste in ein unwirkliches Licht tauchen. Aber heute bleibt das alles aus. Für die Fotografie sind diese Wolken ein wahrer Alptraum: Sie nehmen der Landschaft die scharfen Kontraste und lassen alles flach und leblos wirken.
Kurz gesagt: Wir brauchen Sonne! Und so entscheiden wir uns, unserem südlichsten Ziel, dem Joshua Tree Nationalpark, entgegenzufahren, in der Hoffnung, den grauen Schleier hinter uns zu lassen. Doch auch hier verfolgen uns die Wolken wie die unaufhaltsamen Arme eines riesigen Kraken, der uns immer wieder einholt. Die Atmosphäre bleibt mystisch, aber die Fotomöglichkeiten sind leider immer noch begrenzt.
Trotzdem lassen wir uns von der einzigartigen Schönheit des Joshua Tree Nationalparks nicht entmutigen. Die bizarren, stacheligen Joshua Trees fesseln uns in ihrem eigenartigen, fast überirdischen Wuchs. Die goldene Stunde (820, 821) bringt schließlich ein warmes, sanftes Licht, das die surrealen Formen der Bäume noch dramatischer erscheinen lässt. Wir genießen die Stille des Parks, während die Sonne langsam hinter den fernen Hügeln versinkt und einen atemberaubenden Sonnenuntergang kreiert (830, 831, 836).
Neben den Joshua-Bäumen ziehen uns auch die vielen noch blühenden Kakteen (832, 833, 834, 845, 846) in ihren Bann. Ihre zarten Farben und die pulsierende Lebendigkeit inmitten der rauen Wüste sind ein wahres Naturwunder. Die Flora des Parks zeigt sich von ihrer besten Seite und bietet uns trotz der wolkenverhangenen Bedingungen einen Moment purer Faszination.
Am Abend, als die Dämmerung über das Land zieht, buchen wir schnell ein Hotel in Yucca Valley über Booking.com, denn die Wettervorhersage für morgen sieht endlich vielversprechend aus.
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Tag 9: Ein perfekter Fototag im Joshua Tree Nationalpark
Heute ist der ideale Tag für einen Fotomarathon im Joshua Tree Nationalpark! Die Sonne scheint strahlend vom klaren Himmel, und die weite, unberührte Wüstenlandschaft breitet sich vor uns aus. Wir durchqueren die malerischsten Wanderwege des Parks, die uns zu surrealen Felsenformationen, kargen Wüstenebenen und den berühmten Joshua Trees führen – eine wahrhaft beeindruckende Kulisse für jedes Foto. Jedes Detail hier scheint die ungezähmte Kraft der Natur zu widerspiegeln (826, 827, 828, 825, 837).
Mit dem Hochstativ in der Hand und meinem Weitwinkelobjektiv bin ich bereit, jedes noch so kleine Detail einzufangen. Um den besten Kompromiss zwischen Lichtbeugung und Schärfentiefe zu finden, setze ich die Blende auf 5,6 und wähle 100 ISO. Solange keine Objekte näher als 5 bis 6 Meter zur Kamera stehen, bleibt die Schärfe kristallklar und die Bilder wirken natürlich. Bei Weitwinkelaufnahmen ist dies der ideale Wert, um sowohl die Weite der Landschaft als auch die feinen Details der Bäume und Felsen scharf abzubilden.
Es ist ein ungeschriebenes Gesetz, dass jedes Objektiv seine eigenen „Bestwerte“ hat. Als Fotograf muss man sich mit seiner Ausrüstung vertraut machen, seine Objektive testen und wissen, wann man welche Blende wählt, um das perfekte Bild zu erzielen. Das ist der Schlüssel zu lebendigen und gestochen scharfen Fotos.
Für die Aufnahmen der Kakteen (835) wechsle ich bewusst zu einer kleineren Blende – in diesem Fall auf Blende 8 bis 11. Manchmal greife ich sogar zu Blende 16, je nachdem, wie weit der Vordergrund vom Hintergrund entfernt ist und wie viel Schärfe ich im gesamten Bild haben möchte. Hierbei ist Lichtbeugung natürlich unvermeidlich: eine leichte Unschärfe über die gesamte Sensorfläche, die jedoch durch Nachbearbeitung gut korrigiert werden kann.
Die Wüste ist ein Ort der Extreme, und auch wenn die Bedingungen herausfordernd sind, habe ich das Gefühl, dass sich in jedem Foto die Essenz dieses magischen Ortes widerspiegelt. Die stacheligen, bizarren Joshua Trees, die leuchtenden Kakteen und die imposanten Gesteinsformationen ziehen uns immer weiter in ihren Bann. Jeder Blick und jede Aufnahme enthüllt eine neue Facette dieser einzigartigen Wüstenlandschaft.
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Am Nachmittag setzen wir unsere Reise fort und fahren in den Saguaro Nationalpark, ein wahres Juwel in der Sonora-Wüste. Dieser Park gilt als eines der schönsten Gebiete in dieser weiten, trockenen Landschaft und beherbergt die ikonischen Kandelaberkakteen, die mit ihren markanten, säulenartigen Stämmen und stacheligen Armen die Wüste prägen.
Als wir uns dem Park nähern, ist die Sonne bereits tief am Horizont, aber wir schaffen es gerade noch rechtzeitig, um den magischen Moment des Sonnenuntergangs zu erleben (809, 810, 815). Das Licht taucht die Wüste in ein faszinierendes Farbenmeer – von warmen Orangen- und Rottönen bis hin zu den kühlen Blautönen des heranbrechenden Abends. Der Anblick der riesigen Saguaro-Kakteen, die sich bis zu 15 Meter hoch in den Himmel erheben, ist einfach atemberaubend. Um ihre gewaltige Größe richtig ins Bild zu setzen, bitte ich meine Frau, sich wie schon so oft in der Nähe der Kakteen zu positionieren, damit auf den Fotos der Größenunterschied gut erkennbar wird (800, 802).
Als die Sonne endgültig hinter den Bergen verschwindet, machen wir uns auf den Rückweg zum Auto – allerdings nicht, ohne vorher noch einen kurzen Blick auf den Himmelfarbverlauf zu werfen (805). Der Himmel leuchtet in einem unglaublichen Spektrum aus sanften Pink- und Lila-Tönen, die die Wüste in ein fast surreales Licht tauchen (813, 814). Wir genießen diesen Moment, während wir die letzten Gäste des Parks hinter uns lassen – vermutlich sind die anderen längst in ihren Hotels und genießen das Abendessen. Doch wir sind entschlossen, noch etwas mehr von dieser eindrucksvollen Kulisse zu erleben.
Mit den Taschenlampen in der Hand machen wir uns auf den Weg zurück, immer auf der Hut vor den schwachen Geräuschen in der Dunkelheit, die uns darauf hinweisen, dass wir nicht die einzigen sind, die sich hier in der Stille der Wüste bewegen. In dieser Nacht scheint uns die Wüste ihre geheimen Bewohner zu zeigen, und wir sind dankbar, dass wir, trotz der wachsenden Dunkelheit, keine unangenehme Begegnung mit einer giftigen Schlange haben. Doch auch ohne diese Überraschung bleibt uns dieser Tag in Erinnerung – die Weite der Wüste, die majestätischen Kakteen und der zauberhafte Sonnenuntergang, der uns für unseren späten Aufenthalt im Park mehr als belohnt.
Wir sind weit und breit die letzten Besucher im Park. Alle sitzen vermutlich schon beim Abendessen in den Hotels. Dafür werden wir mit einem wunderschönem Himmelfarbverlauf belohnt (813, 814).
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Tag 10. Der Tag beginnt früh, und wir machen uns auf den Weg zum östlichen Teil des Saguaro Nationalparks, der sich nicht nur durch seine Giganten aus Kakteen, sondern auch durch eine einzigartige, fast magische Atmosphäre auszeichnet. Während der westliche Teil des Parks für viele Besucher das Aushängeschild ist, entfaltet der östliche Abschnitt mit seinen weiten, sonnendurchfluteten Landschaften und den unzähligen Saguaro-Kakteen eine ebenso beeindruckende Schönheit (803, 804, 817). Jeder Kaktus scheint hier wie ein jahrhundertealter Wächter in der stillen Weite der Wüste zu stehen. Der Morgen ist klar, und wir genießen den Anblick dieser monumentalen Pflanzen in ihrer ganzen Pracht, umgeben von den sanften Farben der frühen Sonne, die die Szenerie noch dramatischer wirken lässt.
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Nach diesem inspirierenden Start machen wir uns auf den Weg nach Norden zum Petrified Forest Nationalpark – einem der geologisch faszinierendsten Orte, die wir je besucht haben. Was wir dort erwarten, übertrifft all unsere Vorstellungen: Ein versteinertes Urwald-Museum aus der Ferne, aus der Nähe jedoch ein Naturwunder, das uns die Macht der Erosion und die Zeit in einer der spektakulärsten Formen zeigt, die wir je gesehen haben. Der Park ist ein riesiges Fossilienfeld, wo uralte Baumstämme und Holzfragmente über die Jahrtausende hinweg versteinerten und nun, durch die Kräfte der Natur, freigelegt und zu lebendigen Zeugen der Erdgeschichte geworden sind.
Wir begeben uns auf einen spazierenden Entdeckungszug durch den Crystal Forest, einen der faszinierendsten Teile des Parks, und sind einfach sprachlos von der Größe und Pracht der versteinerten Baumstämme, die aus dem Boden ragen wie titanische Monumente der Vergangenheit (853, 854, 855). In einer seltenen Häufigkeit und atemberaubenden Dimension können wir Baumstämme bestaunen, deren Durchmesser und Höhe in dieser Form nahezu einzigartig sind. Man kann fast das Korn des Holzes erkennen, die Muster der Baumrinde sind so detailliert, dass sie fast lebendig wirken – und das alles ist aus Stein! Die Transformation dieser Bäume zu steinernen Monumenten ist ein wahres Wunder der Natur, das einen spürbaren Respekt vor der Zeit und der Erde weckt (860, 861, 874).
Doch das Außergewöhnlichste ist, dass diese gewaltigen Steinbäume nicht nur still in der Landschaft ruhen. Einige von ihnen wurden außerhalb des Parkgeländes ausgegraben und können als unvergleichliche Möbelstücke für Menschen, die das Besondere suchen, gekauft werden. 15000 Dollar für einen einzelnen Baumstamm – und das, obwohl er über 500 kg wiegt und wie eine unbezahlbare Sitzgelegenheit in jedem Garten oder Wohnzimmer wirken würde (857, 858, 874). Diese versteinerten Riesen haben eine Geschichte, die weit über den Park hinausgeht und sich in den Händen von Sammlern und Liebhabern besonderer Antiquitäten fortsetzt. Echt originell, und nicht nur das – sie sind ein echtes Symbol für die Ewigkeit der Natur, die in einem einzigen, stillen Baumstamm aus Stein eingefangen wird.
Ich könnte den ganzen Tag an diesen faszinierenden Stämmen verweilen und mich an den Details und der Geschichte des Waldes verlieren. Es ist ein Ort, der uns demütig und nachdenklich zurücklässt, ein echtes Meisterwerk der Natur. |
Wir setzen unsere Reise fort und fahren weiter in die Blue Mesa – ein faszinierendes Hügellandschafts-Mosaik aus blaugrauen Hügeln, das uns fast wie ein surrealer, anderer Planet erscheint (850, 851, 852, 862, 863, 868). Es fühlt sich an, als wären wir mitten in einem Himmel aus Stein, in dem die Hügel in sanften Wellen die Szenerie beherrschen. Die Farben der Landschaft changieren zwischen kühlen Blau- und Grautönen, die in der Nachmittagssonne besonders intensiv leuchten. Hier, in dieser fast mystischen Umgebung, finden wir noch immer versteinerte Baumreste, die wie Steinskulpturen aus einer längst vergangenen Ära wirken, als ob sie uns stumm von den geologischen Kräften der Vergangenheit erzählen möchten.
Der Blue Mesa Trail ist ein wahres Meisterwerk der Natur, das mit seinen eindrucksvoll erodierten Hügeln und den verbliebenen versteinerten Baumstämmen einen einzigartigen Einblick in die Geschichte der Erde gibt. Jeder Schritt führt uns tiefer in eine fremdartige, fast überirdische Landschaft, die uns den Atem raubt und das Gefühl vermittelt, auf einem fremden Planeten zu wandeln. Doch die magische Ruhe der Umgebung wird immer wieder von den farbenprächtigen Hügelformationen unterbrochen, die wie aus einem Gemälde wirken und in der untergehenden Sonne mit lebendigen Rottönen und Goldnuancen spielen (865, 866, 886).
Der Park selbst scheint sich in einem ständigen Zustand der Veränderung zu befinden – die Hügel wirken, als ob sie sich mit jeder Stunde ein Stück mehr transformieren und dabei immer neue schimmernde Farbspiele zeigen. Je länger wir durch diese Landschaft wandern, desto mehr nehmen wir die geologischen Wunder wahr, die hier verborgen sind. Diese Szenen sind der perfekte Ausdruck der kraftvollen Errosion und des Zeitablaufs, der die Natur immer wieder neu formt.
In der Nacht erreichen wir schließlich den Canyon de Chelly, einen Ort, der mit seiner unendlichen Weite schon jetzt eine Erwartung für Morgen in uns aufbaut. Der Canyon scheint zu flüstern – und wir sind gespannt, was uns morgen in diesem wilden, ungezähmten Land erwarten wird.
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Tag 11. Der Tag beginnt früh, als wir uns auf den Weg zum Rand des Canyon de Chelly machen, der sich majestätisch vor uns ausbreitet. Der Canyon, der von den Navajo verwaltet wird, ist nicht nur geologisch beeindruckend, sondern auch kulturell tief verwurzelt in der Geschichte der Navajo Nation. Das Land gehört den Navajo, und auch alle Touren und Ausflüge in den Canyon werden von ihnen organisiert, was diesem Ort eine ganz besondere, lebendige Verbindung zur indigenen Kultur verleiht.
Obwohl der Canyon de Chelly in seiner ganzen Größe und Pracht vor uns liegt, ist die Fotografie heute eine kleine Herausforderung. Die besten fotogenen Perspektiven befinden sich leider gerade in einem weniger vorteilhaften Vormittags-Licht (1002, 1003, 1004). Die wahre Magie dieses Ortes, mit seinem sanften Spiel aus Licht und Schatten, entfaltet sich erst am späten Nachmittag, wenn die Sonne den Canyon in ein warmes, goldenes Licht taucht und die roten Felsen in einen tiefen Glanz hüllt.
Zudem verschlechtert sich die Fernsicht seltsamerweise trotz der guten Wettervorhersage. Die dunstige Luft dämpft die Sicht auf den weiten Horizont. Der Polarisationsfilter, den ich zur Reduzierung von Reflexionen und zur Erhöhung der Farbenpracht benutze, verliert durch den mangelnden Kontrast und die schlechte Fernsicht leider seine Wirkung. Was normalerweise als visueller Verstärker fungiert, lässt die Landschaft heute flach und etwas trüb erscheinen.
Wir wollen bis zum Nachmittag nicht warten und fahren Richtung Monument Valley.
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Langsam wird die Luft immer dunstiger, und die Sicht verschlechtert sich zusehends. Mit einem mulmigen Gefühl im Magen werfen wir einen Blick auf die aktuelle Wetterlage – und was wir sehen, ist eine echte Hiobsbotschaft für alle Fotografen. Die berüchtigten Maiwinde, die den Westen der USA in diesem Monat regelmäßig heimsuchen, haben uns erwischt. Für die nächsten vier Tage können wir uns von den sandgepeitschten Landschaften und der nebligen Sicht verabschieden (1374). Was für ein Pech!
Hunderte Kilometer lang ziehen sich Winde und Staub durch die Luft, und die Sicht ist auf ein Minimum reduziert. Vor uns liegt die legendäre Landschaft des Monument Valley, doch der berühmte Ausblick auf die mächtigen roten Felsen bleibt uns aufgrund der stürmischen Verhältnisse verborgen (1348, 1350 – die Handyfotos fangen das Desaster nur bruchstückhaft ein). Immer wieder versuchen wir, einen Blick auf die gigantischen Felsen zu erhaschen, doch es bleibt ein verschwommener Schleier.
Vor dem Eingang zum Monument Valley entscheiden wir, uns lieber zurückzuziehen und drehen um. Wir fahren nur noch im Schritttempo weiter, denn der Wind peitscht uns die Tränen in die Augen, während wir uns auf den Weg nach Page machen, wo wir für die Nacht gebucht haben.
Da die Straße nun kilometerlang geradeaus verläuft, bietet meine Frau an, das Steuer zu übernehmen. Sie fährt gerne auf geraden Strecken, und es scheint der perfekte Moment zu sein. Zwei Stunden am Steuer – das klingt gut. Ich halte an einer Kreuzung mitten im Nichts, um ihr den Platz zu machen. Doch der Wind ist unerbittlich, mit bis zu 100 km/h fegt er durch die Landschaft, und der Staub wirbelt um uns herum. Wir überlegen noch, ob wir die Autotür öffnen sollten oder den Fahrerwechsel doch lieber im Inneren des Fahrzeugs durchführen.
Kaum öffne ich die Tür, entfährt meiner Frau ein Schrei, der selbst die Wüstenwinde übertönt! So laut habe ich sie noch nie gehört! Sie sieht, wie eine Schlange sich mit unglaublicher Geschwindigkeit in mein Fußbereich ins Auto schleicht. In einer Mischung aus Panik und Hysterie durchsuche ich das ganze Fahrzeug – aber es bleibt unauffindbar. Kein Schlangen-Ungeheuer, nichts! Wie ein Entenjäger ohne Beute stehe ich da, völlig frustriert, doch immerhin hellwach. Schnell setzen wir die Fahrt fort, immer weiter in Richtung Page, wo wir uns für morgen auf die Touren durch die berühmten Antelope Canyons vorbereiten wollen.
Kaum in Page angekommen, beschließen wir, noch schnell den Weg zu den Canyons zu checken, um für morgen gut vorbereitet zu sein. Wir biegen bei der Abzweigung ab, die uns zu den gewundenen Wüstenformationen führt – doch als wir dort ankommen, erwartet uns eine weitere Katastrophe. Ein riesiges Schild kündigt an, dass alle Führungen aufgrund des starken Windes heute abgesagt wurden! Was?! Unsere Herzen sinken – wir sind für morgen gebucht, und das Wetter spielt uns erneut einen Streich.
Unsere Gedanken rasen: Alle Führungen sind Monate im Voraus ausgebucht, keine Chance auf einen Ersatztermin. Unser geplanter Traum von den Canyons ist zu diesem Zeitpunkt schon in weite Ferne gerückt. Den Rest des Abends verbringen wir in einem kleinen Restaurant in Page, während der Wind draußen mit noch mehr Wucht gegen die Fenster peitscht. Es fühlt sich fast an, als würde auch das Wetter gegen uns arbeiten. In dieser "Weltuntergangsstimmung", mit dem Wetterchaos und der Unsicherheit für morgen, fallen wir in unsere Betten. Ein sehr unsicherer, frustrierter Schlaf erwartet uns, während draußen der Wind weiter heult.
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Tag 12 – Ein früher Morgen im Licht der ersten Sonnenstrahlen! Um 4 Uhr geht der Wecker, und während wir die Tür des Hotelzimmers öffnen, spüren wir sofort, dass der heftige Wind endlich nachgelassen hat. Ein hoffnungsvoller Blick zum Himmel – der Sturm scheint vorüber, und die Luft fühlt sich frisch und ruhig an. Jetzt ist der perfekte Moment, um zum Horseshoe Bend aufzubrechen, einer der faszinierendsten Naturwunder des Colorado Rivers. Nur 10 Minuten von Page entfernt, erwartet uns eine der bekanntesten Kulissen der Region.
Diese spektakuläre Schleife des Colorado River hat sich zu einer der beliebtesten Attraktionen der Region entwickelt, und das aus gutem Grund. Die atemberaubende Landschaft ist nicht nur von der Erreichbarkeit her ein Vorteil – mit dem Auto kommt man fast bis direkt an den Aussichtspunkt – sondern auch durch ihre unvergessliche Schönheit. Als wir endlich dort ankommen, steht der Horseshoe Bend in seiner vollen Pracht vor uns, und wir fühlen uns wie winzige Ameisen vor dieser gigantischen, fast filmreifen Kulisse!
Für alle Fotografen unter euch gibt es jedoch eine kleine Herausforderung: Das Licht hier ist nie wirklich optimal. Besonders beim Sonnenaufgang oder -untergang bleibt der Horseshoe Bend meist in schattigem Licht, was ihn leider für perfekte Fotos etwas unzugänglich macht. Der goldene Moment, in dem die ersten Sonnenstrahlen die Schlucht durchfluten, bleibt hier aus. Am Rest des Tages strahlt nur das harte, direkte Licht der Mittagssonne auf die Felsen (1382, 1383).
Dennoch bleibt der Besuch des Horseshoe Bend ein absolutes Highlight und ein Muss für alle, die in dieser Region unterwegs sind. Auch wenn die Lichtverhältnisse nicht ideal sind, kann man sich dem Zauber dieses Ortes nicht entziehen. Der Anblick der geschwungenen, fast perfekt runden Felsen, die in den Fluss tauchen, bleibt für immer im Gedächtnis – und wer weiß, vielleicht erwischt man ja doch den perfekten Moment für das ultimative Foto.
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Nach einem stärkenden Frühstück im Hotel brechen wir auf zum Lower Antelope Canyon – einem der bekanntesten Naturwunder der Region. Der Wind ist immer noch präsent, aber zum Glück hat er etwas nachgelassen im Vergleich zu gestern. Erleichterung breitet sich bei uns aus, als wir erfahren, dass die Touren heute wie geplant stattfinden! Es geht also endlich hinein in die faszinierende Welt der Sandsteinformationen, die durch die unaufhaltsame Kraft der Erosion entstanden sind.
Der Lower Antelope Canyon ist ein Ort, der wie ein traumhaftes Labyrinth aus roten, gewundenen Felsen wirkt. Jede Kurve, jede Wendung zeigt uns neue, beeindruckende Felsformationen, die aussehen, als wären sie von einem Künstler mit fließenden Linien und surrealen Mustern gestaltet. Licht und Schatten spielen miteinander, und überall entstehen kunstvolle Fotografien, die den Canyon in ein mystisches, fast magisches Licht tauchen (9 Fotos oben).
Doch hinter dieser Schönheit lauert auch eine gefährliche Seite. Der Canyon hat sich leider auch als Grabstätte für zahlreiche Touristen erwiesen, die hier bei unerwarteten Sturzfluten ihr Leben verloren.
Deshalb wird die Wolkenentwicklung in der gesamten Region peinlichst beobachtet und die Canyons bei Gefahr einer Überflutung gesperrt.
Es reicht ein ordentlicher Regenguss 100 Kilometer weit entfernt, dessen Wassermengen wenig später die unterirdischen Canyons mit hoher Geschwindigkeit überfluten.
Man muss vor dem Besuch der Canyons zudem eine Erklärung unterschreiben, dass man in so einem Fall auf alle Schadenersatzansprüche verzichtet und eine Person mit Kontaktdaten hinterlassen, falls man sterben sollte.
Glücklicherweise ist heute der Himmel weitgehend klar, und statt Überschwemmung kämpfen wir nur mit dem Sand, den der Wind von draußen in den Canyon bläst. Der Guide berichtet, dass es gestern noch viel schlimmer war: Der Sandsturm war so heftig, dass man seinen Kopf kaum nach oben neigen konnte, ohne von einer Sandwolke umhüllt zu werden. Wegen der extrem schlechten Sichtverhältnisse und der Luftqualität musste der Canyon gestern gegen Mittag geschlossen werden. Doch heute ist es deutlich angenehmer, auch wenn der Wind uns immer wieder in den staubigen Wüstensand hüllt.
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Am Nachmittag machen wir uns auf den Weg zum Upper Antelope Canyon – einem wahren Paradies für Fotografen (12 Fotos oben). Man sollte beide Canyons zu besuchen, denn jeder bietet eine ganz eigene magische Schönheit. Während der Lower Canyon mit seinen engen, gewundenen Gängen und filigranen Lichtspielen beeindruckt, entfaltet der Upper Canyon seine Pracht in weiten, offenen Hallen, die von Lichtstrahlen durchzogen werden, die wie goldene Lichter den roten Sandstein zum Leuchten bringen. Beide Canyons sind ein wahres Mekka für das Auge und eine Festmahl für die Kamera.
Ein wichtiger Hinweis für alle, die den perfekten Shot einfangen wollen: In den Canyons sind Stative verboten, weil die Nachfrage nach Touren allgemein immens hoch ist und die Stativ-Beschränkungen zu einer besseren Besucherlenkung beitragen sollen. Somit werden die Fototouren seit einiger Zeit nicht mehr angeboten.
Wer hier also das perfekte Bild einfangen möchte, sollte sich auf eine hochwertige Kamera verlassen. Mein Tipp: Eine Vollformatkamera mit sehr gutem Rauschverhalten bei hohen ISO-Zahlen. In den engen Gängen des Canyons bei schwachem Licht sind ISO-Werte um die 1000 und darüber unerlässlich.
Meine Wahl fällt dabei auf die Sony A7 III, die sich über die Jahre hinweg als zuverlässigster Begleiter erwiesen hat. Nach 35 Jahren treuer Canon-Nutzung habe ich vor drei Jahren den Schritt zu Sony gewagt, und der Wechsel zu den sehr leichten und dennoch außergewöhnlich guten Tamron-Objektiven hat sich mehr als bewährt.
Doch auch Canon hat mittlerweile richtig gute Modelle auf den Markt gebracht – sie haben nach ihrer langen Dornröschenschlafphase wieder die richtigen Innovationen eingeführt. Trotzdem bleibt der Gesamtgewicht der Kamera für mich sehr wichtig.
Denn seitdem ich fast 95% aller Fotos mit einem Hochstativ mache, ist eine leichte Kamera unerlässlich. Der wichtigste Punkt überhaupt ist jedoch die Pixelzahl.
Es schmerzt mich jedes Mal, wenn ich sehe, dass die neuen Kameramodelle immer mehr Pixel bieten, wie auch die Sony A7 IV. Das ist jedoch ein Trugschluss! Zwar mögen hohe Pixelzahlen verlockend erscheinen, aber sie haben eine negative Auswirkung auf das Rauschverhalten bei Nachtaufnahmen mit hoher ISO-Zahl.
Ein Sensor kann noch so gut sein – mehr Pixel verschlechtern das Bild in dunklen Situationen immer! Liebe Sony, Canon und Nikon, hört auf mit dem Unsinn! Weniger ist in diesem Fall eindeutig mehr! Mein Ideal für einen perfekten Lowlight-Vollformatsensor wäre 20 Megapixel.
Ein echter Gamechanger in diesem Bereich ist die Sony A7S III, die mit ihren 12 Megapixeln und einem unglaublichen Dynamikumfang bei hohen ISO-Werten einfach unschlagbar ist. Man sieht einfach alles in schwarzen Partien ohne, dass etwas rauscht. 12 Megapixel sind hervorragend für Videos geeignet, doch für Fotos empfinde ich sie schon als etwas zu wenig.
Doch dann der Schlag ins Gesicht: die A7 IV mit 33 Megapixeln – was war bitte der Grund für diese künstliche Erhöhung der Pixelzahl? Warum die Bildqualität verschlechtern, wenn es doch die perfekte Alternative für Fotografen bereits gibt, die mehr Pixel benötigen: die A7R V!
In einer perfekten Welt würde ich mich wirklich über weniger Pixel und dafür bessere Bildqualität freuen – ein Vollformat-Lowlight-Sensor mit 20 Millionen Pixeln, der einfach alles vereint, was man sich als Stimmungs- und Nacht-Fotograf wünscht. Und dann bei Nachfolgemodellen bitte, die Pixelzahl nicht wieder völlig unnötig erhöhen, sondern stattdessen den Sensor noch weiter verbessern.
Aber der Weg zu einer Kamera, die auf den Punkt genau das bietet, was man braucht, scheint noch ein weiter zu sein.
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Es ist schon später Nachmittag, als wir uns entschließen, nach Las Vegas zu fahren. Der Grund? Nur hier am Strip stehen die Hotelpaläste so nah beieinander, dass die unscharfe Fernsicht auf unseren Fotos kaum auffallen wird. Die gewaltigen Lichter und die atemberaubende Architektur der Stadt bieten uns eine perfekte Kulisse.
Kaum angekommen, lassen wir uns von der elektrisierenden Atmosphäre des Strips mitreißen. (6 Fotos oben) Die glitzernden Fassaden der riesigen Hotels und die funkelnden Neonlichter tauchen uns in eine Welt aus Farben und Spektakeln. Von den palastartigen Hotelanlagen bis hin zu den gigantischen Lichtshows – Las Vegas versprüht seinen ganz eigenen Zauber. Wir schlendern die berühmte Straße entlang, vorbei an den imposanten Bellagio-Fontänen und den prächtigen Nachbildungen von Venedig und Paris, und genießen die fast schon surreale Atmosphäre, die die Stadt so einzigartig macht.
Der Abend wird zu einem visuellen Feuerwerk aus Lichtern, Farben und Musik, das sich in jeder Ecke widerspiegelt und das Herz der Stadt pulsiert. Die Energie hier ist einfach magisch, und wir lassen uns von ihr komplett einfangen.
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